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Flirrende Finger, biegsame Körper - Der Ballettabend „Strawinsky in Paris“ feiert umjubelte Uraufführung (Gärtnerplatztheater) |
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Haben Sie es auch gehört, als Sie Donnerstag in einem der umliegenden Schani-Gärten den Sommer genossen haben? Der tosende Applaus nach der Uraufführung im Gärtnerplatztheater schwirrte durch die Abendluft. Zwei Komponisten, zwei Choreographen - zwei Stile. Den Ballettabend „Strawinsky in Paris“ teilen sich die Top-Tanzmeister Marco Goecke und Jeroen Verbruggen. Und unterschiedlicher hätten Musikwahl und Tanzstil nicht sein können. In den ersten 40 Minuten war „Ein Amerikaner in Paris“ von George Gershwin zu hören, nach der Pause Igor Strawinskys „Le Sacre du Printemps“, übrigens zum ersten Mal überhaupt im Haus am Gärtnerplatz zu hören. Die Klammer, die alles zu einem gelungenen Ballettabend vereint, ist: Paris! Eine tänzerische Begegnung in der Stadt an der Seine. George Gershwin liess sich anlässlich eines längeren Aufenthalts 1925 zu dem Werk inspirieren, mit dem er Weltruhm erlangte. Strawinskys Ballettmusik vom „Frühlingsopfer“ hatte in Paris bereits 1913 seine Premiere, damals begleitet von Protesten. Beide Komponisten begegneten sich persönlich erstmals 1925 in New York. Und nun 100 Jahre später, wieder - am Gärtnerplatz.
Teil 1: „An American in Paris - Farewell in Paris“ (ergänzt durch die „Billy The Kid“- Suite aus 1938 von Aaron Copland, übrigens auch er bekennender Paris-Fan) . Leicht und bunt, pretty in Pink. Kostüme mit Streifen, kecken Strohhüten, dazu der Brunnen, um den herum Gene Kelly und Leslie Caron in der legendären Hollywood-Verfilmung getanzt haben. Es ist Frühling. Ein Amerikaner (also George Gershwin) lässt sich treiben von dieser aufregenden Stadt. Man hört das Hupen der Autos. Mit Jazz-Elementen hat Gershwin große moderne Orchestermusik komponiert - und sich seinerzeit zur Uraufführung vier Original-Taxihupen aus Paris organisiert.
Choreograph Jeroen Verbruggens Botschaft seines Stücks: Ein Abschied muss nicht traurig sein, weil ja immer schon etwas Neues wartet. Auch die Natur erfindet sich ständig von Neuem. So sind es leichtfüßige Bewegungen, die sich Verbruggen für seine Tänzer ausgedacht hat. Die Körper stark seitwärts gebogen, locker in den Hüften und den Knien. Viele Hebungen und Formationen zu zweit und zu dritt. Ständig ist was los da am stilisierten Brunnen - pulsierendes Großstadtleben. Und sogar ein Blumenstrauß darf mittanzen und wird von oben punktgenau der Tänzerin in die Arme geworfen. Wenn Verbruggen an einem Ballett arbeitet, macht er alle Schritte vor, feilt bis zuletzt an jeder Position der Arme. Findet täglich neue Ausdrucksmöglichkeiten. Nicht leicht, mit seinen Ideen Schritt zu halten. Denn er gibt augenzwinkernd zu: „Ich glaube, wenn meine Tänzer all das tanzen würden, was ich während der Proben vorschlage, dann sind die nach dem Stück tot. Da pass ich lieber auf“. So sitzt der sympathische Belgier während der Premiere in Reihe 5, ganz außen, und beobachtet, wie sein Stück umgesetzt wird. Zum Verbeugen geht er kurz auf die Bühne, tritt aber gleich bescheiden zur Seite, den großen Applaus gönnt er den Tänzern. Überhaupt: Welche Tanzgranaten am Gärtnerplatz beheimatet sind! In vielen Produktionen hat die Compagnie ihre Qualitäten schon gezeigt. Gleich zwei solch anspruchsvolle Choreografien an einem Abend, das verdient eine Schippe Sonderapplaus. 2x40 Minuten Körpereinsatz pur.
Dann Teil 2: „Le Sacre du Printemps“. Düster. Viel Kampf. Harte Bewegungen. Alle in weiten schwarzen Hosen. Die Männer mit nacktem Oberkörper, die Tänzerinnen mit schwarzer Korsage. Drohende Blicke. Wer ist Opfer wer ist Täter? Auf der Bühne Geflüster: J’ai peur - ich habe Angst. Der imposante Tänzer wirkt bedrohlich, wie ein gefährlicher Vogel, der sich die schwarzen Federn vor lauter Kraft und Wut selbst ausrupft. Marco Goecke ist rund um den Globus als Choreograph gefragt. Tel Aviv, Sao Paolo, Wien, New York und Monte Carlo. Vor zwei Jahren hat seine Karriere eine Delle abgekriegt, es wurde ruhig um den Künstler mit den zahlreichen Auszeichnungen, Verträge platzten weg. Denn unrühmliche Schlagzeilen und lange Diskussionen folgten einem Theaterskandal aus dem Februar 2023, bei dem es um die Beleidigung einer Kritikerin ging. Deshalb gab’s nach der Uraufführung seines „Sacre“ auch vereinzelte Buhrufe. Die Theaterwelt hat die „Tat“ inzwischen vergessen und engagiert Goecke weiterhin, in der nächsten Saison wird er künstlerischer Leiter am Theater Basel.
Marco Goecke hat bei einem neuen Stück eine andere Herangehensweise als beispielsweise Jeroen Verbruggen. Er arbeitet intensiv mit jedem Einzelnen und weckt Emotionen, bleibt selbst aber auf Distanz. Wuselte es in Teil 1, beim „Amerikaner“, auf der Bühne, so ist Teil 2 fast schon statisch. Reihen bauschen sich zu einem wabernden Tänzerpulk auf. Es tanzt fast ausschließlich der Oberkörper. Und wie. Biegt sich, zuckt in fast schon grotesken Positionen. Die Arme wedeln, schaufeln und fliegen, die Finger sind so stark gestreckt, dass sie bei sehr schnellen Bewegungen herumflirren. Goecke hat eine Tanzsprache, mit der er in München bereits bei „La Strada“ (2023, ebenfalls am Gärtnerplatztheater) begeisterte. Kommt noch Strawinskys treibende Musik dazu, ist der Zuschauer schnell drin in einem Sog.
Aber: Was wären die tollsten Tänzer und die aufregendsten Choreografien ohne das Orchester? Großartig: das Staatsorchester unter Leitung von Michael Brandstätter. Kostüme (Marvin Ott, Emmanuel Maria) gehören auch dazu. Und last but not least: die beeindruckenden Lichtstimmungen, mal viel pink, mal geschickt gesetzte Spots auf die Muskelarbeit der Oberkörper und Arme (Jeroen Verbruggen, Udo Haberland) Ein außergewöhnlicher Ballettabend - Hingehen! Nächste Termine: 19./23./25. und 27. Juli 2025
Text: Gaby Hildenbrandt @Fotos: Marie-Laure Briane /Staatstheater am Gärtnerplatz Strawinsky in Paris Zweiteiliger Ballettabend Infos/Tickets: www.gaertnerplatztheater.de
U-Bahn: U1/U2/U7/U8, Station Fraunhoferstraße Im Internet: www.gaertnerplatztheater.de. - Special: Staatstheater am Gärtnerplatz München (mehr) |
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